Ökonomen jedweder Couleur wissen sich keinen Rat. „Es bedroht uns eine Wirtschaftskrise!“ „Wir brauchen ein Konjunkturprogramm!“ Der Staat soll noch mehr Schulden machen, weil die Bürger nicht mehr genügend konsumieren wollen oder können. Nach 60 Jahren Wirtschaftswachstum fällt den Ökonomen nichts Besseres ein, als mehr Wirtschaftswachstum zu fordern. Nur so ließe sich der Verlust von Millionen Beschäftigungsverhältnissen aufhalten.
Ausgelöst durch eine ungebremste Spekulationsgier und durch naiven Wachstumsglauben ist etlichen Finanzinstituten die finanzielle Basis verloren gegangen. Der Geldkreislauf kam ins Stocken und es starb die Erwartung, all die schönen Finanzprodukte würden in den Himmel wachsen. Verdrängt wurde die simple Wahrheit, dass kein System und keine Wirtschaft bei permanentem Wachstum davor bewahrt bleiben, zusammenzubrechen. Wenn sich die Wetteinsätze der Zocker um das Tausendfache von den realen Werten entfernen, kommt zwangsläufig der Punkt, da einer clever genug ist, rechtzeitig auszusteigen. Einige Schlaue folgen, die Kurse fallen und wer zu lange zögert, verliert am meisten. Diese Entwicklung ist keine überraschende Ausnahme sondern eine zyklisch auftretende Selbstverständlichkeit.
Die Spekulationsblasen waren aber nur der Auslöser der Entwicklung. Das Problem der Produktionsgesellschaft besteht darin, dass die Gewinnspannen nicht mehr ausreichen, um die verlangten Renditen zu erzielen. Durch die Sättigung der Märkte fallen die Erträge des Sachkapitals. Das Finanzkapital verweigert sich dann jenen Investitionen, die nur geringe oder keine Kapitalrendite erbringen. Daher ist es auch falsch, von einer Krise zu sprechen. Es ist ein Konstruktionsfehler, dass sich Kapital dem Markt verweigern kann, wenn die Rendite gegen Null sinkt.
Immer neue Schulden für ewig währendes Wachstum
Seit Jahren wurden die Regierungen aufgefordert, den Staat abzubauen und die Schulden zurückzufahren. Die selben Berater drängen nun, mehr Geld auszugeben, als ihnen noch vor einem Jahr ratsam und notwendig erschien. Nach dem Moto „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“ werden neue Gutachten erstellt. Die US-Regierung will mit einem Volumen von 1000 Mrd. Dollar die Wirtschaft ankurbeln. Die europäischen Staaten ziehen mit. Die Bundesregierung nimmt zusätzlich Geld in die Hand, um Schulen und Straßen zu sanieren, als wäre gerade ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg zu Ende gegangen. Mit Steuernachlässen sollen Käufer für neue Autos gewonnen werden, als müssten die Bürger ansonsten mit dem Eselkarren übers Land ziehen. Die maßlose Erhöhung der Staatsverschuldung wird den Bürgern als tatkräftiges Handeln verkauft.
Schulden erhöhen ist keine Basis für eine stabile Gesellschaft. Dergleichen Konjunkturprogramme sind kontraproduktiv. Die steigenden Zinslasten verhindern eine nachhaltige Entwicklung. Schon heute verhindern die gewaltigen Zinsausgaben die notwendigen Investitionen bei Bund, Ländern und Gemeinden. Nun werden mit neuen Schulden Investitionen getätigt, die man wegen der hohen Zinsausgaben seit Jahren vor sich her schieben musste.
Die Spanne zwischen Wachstumsrate und Zinssatz ist die entscheidende Belastung für die Unternehmen. Die Kapitalkosten können in der Überangebotssituation nicht ausreichend über die Preise an die Konsumenten weitergegeben werden. Die Folge sind Entlassungen und höherer Leistungsdruck bei den Beschäftigten. Das spüren die Journalisten in den Verlagshäusern gleichermaßen wie die Arbeiter in der Fabrikhalle und LKW-Fahrer auf den Straßen. Auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst stehen unter diesem immer höheren Druck.
Runter mit den Zinsen
Die Krise wird von einem mangelhaften Geldsystem verursacht. Die Banken sitzen auf ihren Beständen wie die Henne auf dem Ei. Bundesbankpräsident Axel Weber referierte im November 2008, dass der Handel der Banken untereinander de facto ausgetrocknet sei. Die Institute leihen sich kein Geld mehr, weil sie sich nicht mehr vertrauen können. Um dies zukünftig zu verhindern, ist zunächst eine klare Trennung zwischen Geldvermittlungsgeschäften und Spekulationsgeschäften vorzunehmen. Renditen von 25 Prozent sind nur mit Spekulationen und höchstem Risiko zu erzielen. Anleger die derart überzogene Renditen wollen, brauchen eine Spielbank und müssen wissen, dass sie gewinnen aber auch verlieren können. Geschäftsbanken sollten mit ihren Einlagen nur das Risiko eingehen, dass ihre Kunden ihnen vorgeben. Vorsichtigen Sparern dürfen seriöse Banken nur sichere Investitionen mit entsprechend geringen Gewinnen vermitteln. Spekulation muss auf dafür deklarierte Privatvermögen beschränkt bleiben. Das Eigenkapital und Geld, das man sich für das Tagesgeschäft bei anderen Institutionen leiht, ist von einem seriösen Institut nicht zur Spekulation einzusetzen. Eine transparente Trennung zwischen Spekulieren und Investieren ist die beste Absicherung für Banken und andere Institutionen, sowie für deren Kunden.
Auch die Sparer halten sich liquide, anstatt ihr Geld auszugeben oder langfristig anzulegen. Die Geldzirkulation stockt, obwohl, oder gerade weil die Leitzinsen nahe Null sind. Der niedrige Leitzins versagt bei der Aufgabe, die Wirtschaft mit billigen Krediten zu versorgen und das Geld im Umlauf zu halten. An diesem Punkt muss der Hebel angesetzt werden.
Dem Geld Beine machen
Der entscheidende Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen und wachstumsneutralen Wirtschaftbesteht darin, dem Geld Beine zu machen. Eine zentrale Aufgabe des Finanzsektors ist die Versorgung der Wirtschaft mit ausreichender Liquidität. Seit Ende 2007 haben sich die Bedingungen deutlich verschärft, zu denen sich die Firmen mit frischem Geld versorgen können. Zum einen haben die Banken Probleme, sich selber ausreichend zu finanzieren. Zum anderen geht die Sorge um, nachlassende Umsätze würden es den Betrieben erschweren, Zins und Tilgung zu erwirtschaften. In einer Sättigungsphase ist es unvermeidbar, dass die Gewinnspannen der Wirtschaftsunternehmen zurückgehen. Die Herausforderung besteht darin, ihnen entsprechend sinkende Kreditkonditionen zur Verfügung zu stellen. Während die Zinssätze der Notenbanken gegen Null fallen, bleiben die Zinssätze für Firmenkredite deutlich über 5 Prozent. Obwohl die Geldvermögen permanent anwachsen und die Nachfrage nach Krediten begrenzt ist, sinkt der Preis des Geldes für Neuinvestitionen nicht ausreichend. Unter diesen Bedingungen ist eine hinreichende Finanzierung der dringend anstehenden Energiewende gar nicht denkbar. Schon die derzeit scheinbar niedrigen Zinssätze sind für die Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben viel zu hoch.
Die Lösung besteht in einer Liquiditätsabgabe auf das Zentralbankgeld. Das Zurückhalten von Liquidität aus dem Markt muss Geschäftsbanken und Sparern Kosten verursachen. Der Kostendruck veranlasst sie, verfügbares Geld freizugeben. Diese Bestände stehen dann dem Interbankenmarkt bzw. dem Kreditmarkt zur Verfügung. Wenn die Geldzirkulation auch bei niedrigsten Zinssätzen gewährleistet wird, werden Unternehmen und öffentliche Haushalte entlastet. Einsparungen bei den Zinslasten stehen für Investitionen und Löhne zur Verfügung. Die Firmen können Auftragsrückgänge verkraften und Arbeitszeiten ohne schmerzhafte Lohneinbußen dem Bedarf anpassen. Geld, das sich bei einem Null-Zins-Niveau nicht dem Markt entziehen kann, ist die zeitgemäße Alternative zum Schuldenmachen. Nur auf diesem Weg geht auch das Überwachstum der Geldvermögen zurück, das letztlich die regelmäßig auftretenden Spekulationsblasen erst verursacht.